°°°°°°° just us shall be ruling us - wir regieren uns besser selbst °°°°° die Schule der Stufendemokratie - the school of level-democracy °°°°°°°
Es gibt Stimmen, die im Netz von GOL eine neue Obrigkeit erblicken. Die soziale Kontrolle werde dann noch schlimmer werden, weil so viele Abhängigkeiten entstehen. Jeder sei in Gruppen eingewoben, die alsbald alles regeln wollen.
Wo bleibt da die Luft zum Atmen und selber denken?
Ich denke, solche Tendenzen werden zwar auftauchen, aber rasch zum Erliegen kommen. Nur solche Regeln steigen im Rangsystem auf, die von vitaler Bedeutung für große Mehrheiten sind. Alles andere bleibt in den Anfängen stecken, einfach, weil es Wichtigeres zu tun gibt.
Wie steht es mit unliebsamen Sprechern?
Sie werden abgewählt. Haben sie eine breite Anhängerschaft erworben oder mitgebracht, so werden unliebsame Gruppen verlassen. Nachdem Gruppen virtuell, im Datennetz gebildet werden, ist dazu weder ein Ortswechsel noch ein Wechsel der Arbeitsstätte erforderlich.
Größere Gefahren gehen meines Erachtens davon aus, dass ideologische Strömungen aufkommen und sich breit machen. Parteien oder Sekten aller Art können sich einnisten und viele Gruppen bilden. Solange sie keine rechtswidrigen Inhalte einbringen, gibt es kein Gegenmittel gegen solche Strömungen, als größere Mehrheiten zu bilden. Aber dazu ist das Forum ja da. Bestand hat letztlich nur, was mehr Menschen überzeugt, indem es besseren Argumenten folgt. Genau diese politische Kultur braucht und entwickelt die Stufendemokratie.
Aber bis dahin vergehen schlimme Zeiten?
Abhilfe besteht darin, dass Gesetze keine Souveränität besitzen. Sie gelten nicht auch für unbeteiligte Gruppen, sondern nur regional für die aktiven „Weber“ eines Gesetzes-Strangs. Es entsteht eine „politische Migration“ im Netz. Während sich im Gebiet A die Vertreter einer Richtung jene Gesetze verschaffen, die sie haben möchten, verlassen die anderen Mitglieder dieses Gebiet A und bestellen ihr Land lieber im Gebiet B. Übrig bleiben zuletzt jene Gesetzes-Stränge, welche größere Mehrheiten finden und deshalb höhere Ränge erreichen. Sondergebiete bleiben zwar anfangs bestehen, aber ihre Bedeutungslosigkeit wird mit der Zeit so offenkundig, dass sie sich auflösen.
Jede Gruppe soll die Welt neu erfinden?
Freilich nicht. Gruppen bilden sich anhand dringlicher Probleme im realen Leben dann und dort, wo seitens der Macht keine Lösungen erzielt oder angestrebt werden. Das können anfangs zum Beispiel gewerkschaftliche Fragen sein. Eine globale Gewerkschaft fehlt umso schmerzlicher, als die Konzerne inzwischen global agieren. Je allgemeingültiger das Wirkungsfeld der Gruppe ist, desto weitläufiger wird es sich verbreiten, desto mehr Gruppen werden sich anschließen. Das Problem und die gefundenen Abhilfen steigen dann im Rang auf, bis die Welt von allen Beteiligten neu erfunden sein wird.
Genügt es nicht, wenn jeder einfach umdenkt?
Heute ist jeder vereinzelt. Solange eine Struktur der gemeinsamen Willensbildung fehlt, wird sich an den inzwischen deutlich prekären Verhältnissen nichts ändern. Die neu zu formulierende Lebensweise beruht wesentlich darauf, dass eine gemeinsame Willensbildung erfolgt und dass die dazu erforderliche Struktur dauerhaft Bestand hat. Geht sie aus irgendeinem Grund unter, muss sie sogleich wieder errichtet werden. Die Knoten müssen halten, auch wenn die Mitglieder politisch migrieren.
Aber niemand wird sich solchen Mühen unterziehen?
Sobald Mitteilungen aus aller Welt einlangen, wird die soziale Lage rasch deutlich werden. Das wird vielen Menschen die Augen öffnen, die sich bislang mit ihren Medien und vertrauten Umgebungen begnügt haben. Dann ist die Bildung der Gruppen nur mehr eine Frage der Zeit. Die haben wir. Je prekärer und bekannter die Verhältnisse werden, umso besser werden wir unsere Zeit nutzen.